von Monika Kneifel-Grobler
Die Landesschultheatertreffen in allen Bundesländern stellen mit ihrer Festivalform regelmäßige Treffen der Schultheaterszene dar. Sie sind Ausdruck des Netzwerks Schultheater des jeweiligen Bundeslandes und verstehen sich als ein Forum für alle Theaterschaffenden in Schulen. Wie auch bei anderen Jugendtheaterfestivals steht der Festivalgedanke, die Werkschau der Inszenierungen aus der Schultheaterlandschaft im Mittelpunkt. Insofern sind solche Treffen auf das gemeinsame Teilen von Erfahrungen ausgerichtet und auf die möglichst breite Anhebung der Qualität der Schulstunden im Schultheater“ ausgerichtet, so Kerstin Hübner von der Bundesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung BKJ, und das Vorantreiben des Prozesses der Eingliederung des Darstellenden Spiels in den Fächerkanon der Schulen.
Zu den regional spezifischen Besonderheiten von Schultheater in Brandenburg muss festgehalten werden, dass die ersten Treffen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Wende nach 1989 und der Dynamik von „Aufschwung Ost“ stattgefunden haben. Es ist eine Zeit der Blüte des Schultheaters – zahlreicher Aktivitäten und hoher Motivation der Lehrkräfte und Schüler*innen.
„Der Höhepunkt für mich als DS-Lehrer war 1992 bis 1999. Das war so eine völlig losgelöste Zeit, wo ich das Gefühl hatte, du darfst Lehrer sein, d.h. ich muss die Möglichkeit haben zu experimentieren. […] Wir hatten alle Freiheiten, geniale Schulleiter, die haben alles gemacht. […] Wir haben […] die Schüler Grenzen erfahren lassen, […] Habt den Mut, wir gehen in eine Verkaufseinrichtung rein und ihr klaut.‘ […] Ich habe zwei Theater ausgebaut, in Kellern, mit Schülern. […] Jürgen Barber mit seinem Bühnenkunstraum – das war jede Woche Theater.“ (Frank Radüg, Lehrer)
1994 findet das erste Treffen am Runge-Gymnasium Oranienburg statt. Der Fachverband, die Brandenburgische Landesarbeitsgemeinschaft für darstellendes Spiel in der Schule, die sich ein Jahr zuvor auf Initiative der Lehrerin Heidrun Baumgardt am selben Ort gegründet hat, „will auf dem begonnenen Weg weitergehen und alle 2 Jahre ein solches Treffen durchführen.“ Das erste Treffen wird von den Gymnasien dominiert: „Am besten gedeiht das Darstellende Spiel derzeit an den Gymnasien des Landes. […] Darüber hinaus konnten sich zwei Teams aus Gesamtschulen qualifizieren. Leider, so Heidrun Baumgardt, sei keine einzige Realschule unter den Bewerbern gewesen […].
Noch vor der Implementierung des Unterrichtsfaches Darstellendes Spiel ab 1992 entstehen neue Theatergruppen als Arbeitsgemeinschaften.
Praktische Impulse für das Schultheater kommen aus Weiterbildungen im Land, aber auch von Schulen aus den „alten“ Bundesländern: „Die Beziehungen zu den westdeutschen Schulen waren ganz wichtig, da kam ganz viel her. Da wurden die Ideen zu persönlichen Ideen.“ Partnerschulen sind u.a. das Gymnasium Hammonense in Hamm (Spielleitung: Ulrich Friebel) und die Viktoriaschule in Essen (Spielleitung: Hans Twittmann), welche mit dem Runge- Gymnasium zusammenarbeiten und an einigen Landestreffen teilnehmen.
Die Übernahme des Schulsystems von Nordrhein-Westfalen ermöglicht die Implementierung von Darstellendem Spiel, welches in einigen Ländern in Westdeutschland zwischen Anfang der 1970er bis Mitte der 1990er Jahre als Ergebnis der angestrebten und in Teilen durchgesetzten Bildungsreform der Jahre 1970–1975 bereits den Status eines Unterrichtsfaches gewonnen hatte. In Brandenburg wird Darstellendes Spiel dort angeboten, wo interessierte Schulleiter*innen und Lehrer*innen sich dafür engagieren, z.B. ab 1992 am Strittmatter-Gymnasium in Gransee und Helmholtz-GymnasiumPotsdam, ab 1993 am Von-Saldern-Gymnasium Brandenburg, ab 1995 an der Voltaireschule (Gesamtschule) in Potsdam. Die teilnehmenden Schüler*innen erwachsen häufig aus den Theater-Arbeitsgmeinschaften.
Eine enge Kooperation des Landessschultheatertreffens in Brandenburg entwickelt sich zum BVTS, in dessen Obhut das bundesdeutsche Schultheater der Länder (SdL) liegt. 1991 präsentiert sich zum ersten Mal eine Gruppe aus den neuen Bundesländern. Seit 2007 übernimmt das Brandenburgische Festival die Schwerpunkte der Themen des Bundesfestivals und strebt eine Vorbereitung potentieller Bewerbergruppen und Workshops für Lehrende an. Im Allgemeinen herrscht in den 1990er Jahren ein großes Interesse, Schultheater an anderen Aufführungsorten und auf Festivals zu zeigen, welches auch noch in die kommenden Jahre hineinwirkt.